Zusammenfassung
Hintergrund Pflanzliche Arzneimittel finden in Deutschland traditionell sehr häufig Anwendung.
Ihre Nutzung beruht auf einem jahrhundertelangen Erfahrungsschatz. Historische Quellen
werden jedoch bei der wissenschaftlichen Untersuchung pflanzlicher Arzneimittel häufig
außer Acht gelassen. Das Ziel der vorliegenden narrativen Übersichtsarbeit ist es,
am Beispiel der Arzneipflanze Rhodiola rosea (Rosenwurz) einen umfassenden Überblick über den integrierten Forschungsstand zu
dieser Pflanze zu liefern. Hierfür wurde historische Literatur zur traditionellen
Nutzung von R. rosea sowohl aus naturwissenschaftlicher als auch aus geschichtswissenschaftlicher Perspektive
analysiert und in einer beschreibenden Zusammenfassung dargestellt.
Zusammenfassung Insgesamt wurden 15 historische Quellen mit Informationen zur traditionellen Nutzung
von Rosenwurz identifiziert. Die historische Quellenlage ist allerdings als sehr überschaubar
einzuschätzen. Die erste Erfassung von R. rosea zur medizinischen Verwendung geht zurück auf Dioskurides in der Antike. Viele der
zeitlich nachfolgenden Quellen beziehen sich bei ihrer Beschreibung von Rosenwurz
direkt auf die Darstellungen des Dioskurides. Alle gefundenen Quellen zu Rosenwurz
beschreiben eine Anwendung bei Kopfschmerzen. Darüber hinaus wird eine Anwendung bei
Geschwülsten, Periodenbeschwerden, Leberleiden, „Wassersucht“, „Hysterie“ sowie eine
nervenstärkende Wirkung beschrieben, welche sich durchaus in modernen Studienergebnissen
wiederfinden lässt. Die heutige medizinische Nutzung von R. rosea als Adaptogen mit stressprotektiver Wirkung wird in der Form jedoch nicht in den
historischen Quellen beschrieben. Im Gegensatz zur heutigen Anwendung in Form von
Kapseln, Tabletten oder Tropfen erfolgte die traditionelle Anwendung hauptsächlich
äußerlich in Form von Salben, Pasten oder Wickeln. Zu konkreten Anwendungsmodalitäten
lassen sich nur wenige bis keine Informationen aus den vorliegenden Quellen gewinnen.
Eine weiterführende systematische Recherche von historischen Quellen Nord- und Osteuropas
stellt aufgrund des Vorkommens der Pflanze in überwiegend zirkumpolaren und alpinen
Regionen möglicherweise eine wertvolle Ressource für zusätzliche Informationen dar.
Kernaussage Historische Quellen zu traditionellen medizinischen Verfahren stellen eine wichtige
Informationsquelle für die heutige Wissenschaft dar, welche dazu beitragen können,
die heutige, gut etablierte medizinische Anwendung zu untermauern und darüber hinaus
wertvolle Ansatzpunkte für neue Forschungsrichtungen bieten.
Abstract
Traditional use of drugs from Rhodiola rosea (roseroot, or arctic root). A medical-historical review
Background Herbal remedies are traditionally used very frequently in Germany. Their use is based
on centuries of experience and knowledge. However, historical sources are often disregarded
in the scientific investigation of herbal medicines. The aim of the present narrative
review is to provide a comprehensive overview of the integrated state of research
on the medicinal plant Rhodiola rosea (rose root) as an example. Therefore, historical literature on the traditional use
of R. rosea was analyzed from both a scientific and historical perspective and presented in a
descriptive summary.
Summary A total of 15 historical sources with information on the traditional use of rose
root were identified. However, the historical sources available are limited. The first
record of R. rosea for medical use goes back to Dioscorides in ancient times. Many of the subsequent
sources refer directly to Dioscorides' descriptions of R. rosea . All identified sources on R. rosea describe its use for headache. Furthermore, an application for tumors, period pains,
liver complaints, “dropsy”, “hysteria”, as well as a nerve strengthening effect is
described, which can be found in modern study results as well. However, the current
medical use of R. rosea as an adaptogen with its stress-protective effects is not described to this degree
in historical sources. In contrast to today's use in the form of capsules, tablets
or drops, the traditional application was mainly external in the form of ointments,
pastes or wraps. Unfortunately, little or no information can be obtained on concrete
application modalities from the available sources. Further systematic research of
historical sources from Northern and Eastern Europe may present a valuable resource
for additional information due to the occurrence of the plant in predominantly circumpolar
and alpine regions.
Key message Historical sources on traditional medicinal methods represent an important source
of information for today’s science, which can contribute to substantiate today's well-established
medicinal use and also offer valuable indications for new research directions.